Letztendlich geht es darum, Probleme zu lösen

Wir propagieren eine „Ökonomie der Menschlichkeit“. Kann das ein Begriff sein, die Menschen „mitzunehmen“ in eine menschengerechtere Welt?

Es gibt wohl derzeit kein größeres Bedürfnis als eine Synchronisation ethischer und ökonomischer Prozesse. Das ist die Schlüsselfrage aller Zeiten, die Mega-Giga-Aufgabe, die über das Schicksal unserer Zivilisation entscheidet, und die in Corona-Zeiten ganz nach oben rückt. Allerdings haben wir es mit einer gewaltigen Kommunikationsaufgabe zu tun. „Menschlichkeit“ ist ein völlig ungeschützter Begriff. Selbst der Bösartige ist ja menschlich, das ist ja gerade die Erfahrung in der Zeit, in der bösartige Populisten auftreten. Das ist nur „allzumenschlich“!

Wohin geht denn generell der Trend in den westlichen Ländern? Man spricht ja von einer Spaltung der Gesellschaften. Es gibt mehrere Bruchlinien. Was sagt der Zukunftsforscher zu den Optionen und Wegen, die vor uns liegen? Und zu den Wahrscheinlichkeiten, mit denen es eher der eine als der andere Weg werden könnte.

Man kommt der Komplexität, die in dieser Frage liegt, nur mit einer Meta-Erkenntnis nahe: Jede Krise, jede Gefahr, erzeugt auch ein Gegengewicht, eine Tendenz zur Heilung. Wir nennen das das „Regnose-Prinzip“. Wir konnten in der Corona-Krise sehen, dass sich Europa eher zusammenschloss und dass erhebliche Integrationsleistungen gelangen. Dass Trump immerhin abgewählt wurde. Aber wir bewerten das eben weniger als all das, was schiefging oder schiefgehen kann. Das ist die „negativity Bias“. Es ist alles ja eher eine Frage unserer Aufmerksamkeiten: Wir starren immer auf die Corona-Freaks und die bösartigen Populisten, dabei handelt es sich nur um eine winzige Minderheit, die aber im neuen medialen Resonanzsystem über unbegrenzte Ressourcen verfügen. Alle starren auf die Dysfunktionalen. Wir sollten viel mehr die Lösungen entlang denken: Was alles gelingt. Wo alles schon funktioniert. Dann hellt sich der Kopf auf, und die Seele atmet besser.

Wie wahrscheinlich ist eine starke Hinwendung in eine abfallfreie Kreislaufwirtschaft in den nächsten Jahren und was würde den Weg unterstützen?

Die zirkuläre Ökonomie ist die Bedingung einer Versöhnung des Menschen mit Natur und den Naturkreisläufen. Die Entwicklung solcher „intelligenter Verschwendungssysteme“ geht langsam voran, aber stetig. Michael Braungart (Anm.: Chemiker, der federführend Cradle-2-cradle propagiert) stellt mit seinem Team inzwischen ganze chinesische Fabriken um. Wichtig ist es, konkrete Beispiele zu pushen und zu nutzen. Ich zum Beispiel trage nur MUD Jeans, das sind faire, zirkuläre Leasing Jeans. Immer wenn ich dieses Konzept zeige (mudjeans.eu), sind die Leute verblüfft. Veränderung geht immer nur durch Storytelling!

Wir wollen, wie eingangs gesagt, eine Ökonomie der Menschlichkeit. Wir wollen „bewusst gemeinsam leben“. Wir spannen da sozusagen einen Wertehimmel auf und denken, dass viele Menschen und Firmen genau das jetzt wollen. Wie schätzen Sie die Fähigkeiten der Menschen ein, sich unter so abstrakten, höheren Werten zusammenzuschließen?

Die Begriffe „Ehrlichkeit, Menschlichkeit, Zukunftstauglichkeit“ überfordern natürlich auch: Sie wirken wie moralische Imperative, die alles und Nichts sagen, und die auch missbrauchbar sind. Vielleicht muss man es etwas abrüsten, ins Pragmatische hinein. Frei nach Aristoteles: „Der Sinn (Purpose) beginnt, wo sich Deine Begabung und das Bedürfnis der Welt begegnen.“ Ich glaube, man kann Begabung und „das Bedürfnis der Welt“ durchaus definieren, allerdings sollte man das nicht moralisch tun, weil das immer in einer ungünstigen Weise unter Druck setzt. Letztendes geht es darum, Probleme zu lösen. Ganz praktisch: CO2-freie Mobilität, lebendige Lebensmittel, Produkte, die über sich selbst hinausweisen in eine stoffliche oder designerische Botschaft.

Werden Sie jetzt Teil einer Ökonomie der Menschlichkeit!

Es braucht die Kraft von Vielen, zum Vorteil des Einzelnen. Unser Anliegen ist es, gemeinsam in Leichtigkeit Freude und Vertrauen zu kommen. Das haben wir in unserem Manifest definiert