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Das Haus der Seele pflegen

Wem öffne ich die Tür zu meiner Seele? Welche Meldungen lasse ich eintreten?

Ein Haus, eine Wohnung ist der Ort, an dem wir unser Leben verbringen. Es schützt uns nicht nur vor Kälte oder Hitze, sondern es ist der Ort, an dem ich meine Nacht verbringe, meinen Tag beginne, an dem ich meiner Familie und andern Menschen begegne, esse, spiele, mich pflege und in der Zeit des Homeoffice auch arbeite. Ein Haus, eine Wohnung will auch gepflegt werden – sehr ähnlich ist es mit unserer Seele.

Das Fundament für die seelische Widerstandskraft liegt im Inneren unserer Seele. Der Seelenraum ist nicht nur äußeren Einflüssen ausgesetzt, sondern wird von äußeren Taktgebern umzingelt, fremdbestimmt, herausgefordert und manchmal zum Funktionieren gezwungen. Jeden Raum betreten wir durch eine Tür. Resilienz beginnt damit, mir selbst bewusst zu werden, wem oder was öffne ich meine Tür.

Welche Meldungen lasse ich ‚eintreten‘?
Welche Menschen tun mir gut?
Gibt es Ermutigendes, Fröhliches, Humorvolles, dem ich mich bewusst widme?

Eine Inspiration können auch Gedichte sein:

Ein Mensch missachtet die Befehle

Des bessern Ich, der zarten Seele –

Bis die beschließt, gekränkt zu schwer:

Mit dem verkehre ich nicht mehr.

Sie lebt seitdem, verbockt und stumm

Ganz teilnahmslos in ihm herum

Eugen Roth

Wer die Tür zu seinem Seelenraum öffnet, hat Vertrauen und Interesse für die Welt. Menschen mit anderen Sichtweisen zu begegnen, erweitert unseren Horizont. Wer Werte wahrnimmt, die seine Seele berühren, erlebt Inspiration, erhält Ermutigung und ist fähig, neue Wege zu gehen. Wer tiefer eintaucht und Werte in seinem Seelenraum wohnen lässt, muss sich nicht so aufregen, wenn die Welt draußen nicht mehr das bietet, was man sich wünscht. Resilienz bedeutet ‚zurückspringen‘, mich neu entdecken und vertrauen, dass ich meine ursprüngliche Form finde.

Wir müssen bedenken, dass Resilienz – vor allem wenn sie von außen gefordert wird – nicht sinnvoll, nicht in jeder Lebenslage wünschenswert und auch nicht jederzeit ‚anwendbar‘ ist. Resilienz kennt Gelingen und Misslingen und sie dient dem Leben selbst, jedoch nicht dem Funktionalen ohne Liebe und ohne Geist.

Seelische Widerstandskraft nährt sich nicht nur im Vertrauen in andere Menschen und ins Leben, sondern auch im Raum des Wissens. Das Menschenbild von Viktor Frankl als Wissen-in-sich-aufzunehmen ist eine Seite. Die wesentlich größere Herausforderung sind die Fragen, die sich aufgrund seiner Sinnlehre ergeben. Wie integriere ich dieses theoretische Wissen in mein alltägliches Geschehen? Jedoch ohne Anspruch, eine Sinn-Doktrin daraus zu machen, die immer anzuwenden ist. Es gibt Dinge, die haben keinen Sinn. Das Virus, das derzeit die Welt in Atem hält und manchen den Atem raubt, hat keinen Sinn.

All jene, denen Humanität am Herzen liegt, können zu einer Ökonomie der Menschlichkeit beitragen. Dabei geht es weder um das Ziel rentabler Nützlichkeit noch um strategische Überzeugungskraft, sondern um den Respekt vor der Würde des Menschen und um das Bewusstsein, dass alle Menschen sich nach einem gelingenden Leben sehnen.

Resilienz ist eher mit einem Fundament vergleichbar, dem wir vertrauen können. Der Mensch kann stärker sein als das, was ihn kleinzumachen droht, wenn ihm bewusst wird, dass das Leben selbst eine Fülle von Möglichkeiten bietet, denen er vertrauen kann.

Der Ursprung dieser Stärke wohnt im Leben selbst. Es ist jenes Leben, das immer Fragment bleibt. Vielleicht liegt im Fragmentarischen und im Nicht-Perfekten etwas Sinnvolles, das wir erst entdecken, wenn wir uns von unseren Erwartungen und Vorstellungen lösen.

Viele Stärkendes und Inspirierendes wünscht Ihnen das Tilo Team
www.logotherapie-tirol.at

Weitere Impulse zur Seelennahrung finden Sie auf unserer Homepage:
https://www.logotherapie-tirol.at/aktuell/1-x-pro-monat-seelennahrung/

Das Tiroler Institut für Logotherapie & Existenzanalyse sagt Ja! zu einer Ökonomie der Menschlichkeit.

Warum es eine Ökonomie der Menschlichkeit braucht: „Menschen geraten in den Zustand dieser Sinnleere, das heißt, sie sind nicht mehr fähig zu erkennen, wofür es sich zu leben lohnt. Wir leisten einen Beitrag, das zu ändern.“