Absolut Bio – ein Kinderspiel

Elisabeth Kolarik hat aus der Luftburg das größte bio-zertifizierte Lokal der Welt gemacht. Wie geht Absolut Bio in der Gastro? Eine Nachlese zum Talk

Die Luftburg im Wiener Prater ist seit Kurzem das weltweit größte bio-zertifizierte Lokal der Welt. Luftburg-Chefin Elisabeth Kolarik hat den Lockdown genutzt, um das Lokal radikal neu auszurichten. Absolut Bio – vom Snack bis zum Bier, von der Suppe bis zur Stelze. Es heißt ja in der Gastronomie immer: das geht nicht oder das ist zu teuer. Jetzt hat Kolarik ein Signal gesetzt und zeigt, dass es sehr wohl geht. Herbert Rosenstatter ist den Weg mit seinem Hotel Schiessentobel schon vor 20 Jahren gegangen. Von einem Tag auf den anderen hat er alles geändert. Damals, als das unverständlich und mit der Beschaffung auch schwierig war. „Heute kommen Gäste und staunen, dass wir als kleiner Betrieb so im Zeitgeist sind“, lacht Rosenstatter.

Die Unternehmens-Allianz „Ökonomie der Menschlichkeit“ hat die beiden Bio-Pioniere vor den Vorhang gebeten und am 23. Juni zu einem Online-Gespräch eingeladen. 25 Gastronomen, Bauern und Interessierte sind der Einladung gefolgt. Hier ein Rückblick in Zitaten:

Zertifizierung

Kolarik: „Das Zertifizieren war leicht. Es heißt immer: das ist teuer. Die Wahrheit war, dass es in Wien sogar gefördert worden ist.“

Rosenstatter: „Es geht nur 100% Bio oder gar nicht. Eine Teilzertifizierung ist aufwändig. Außerdem ist sie unverständlich. Man muss sich auch innerlich entscheiden: entweder/oder.“

Wolfgang Sila (Geschäftsführer der Brauerei Fohrenburger und seit kurzem Bierlieferant für die Luftburg): „Wir sind als Produktionsbetrieb teilzertifiziert und das war unglaublich mühsam. Wir wollen schon in Richtung Vollzertifizierung. Da hilft uns die Luftburg als großer Kunde unglaublich.“

Preis

Kolarik: „Für hohe Qualität kannst du einen besseren Preis verlangen. In der Gastro geht es aber nicht primär um den Preis, es geht um das Wohlfühlen. Dass wir radikal bio sind, das macht den Leuten ein gutes Gefühl. Außerdem wird da zu viel Wind um die Lebensmittelpreise gemacht. Ob bio oder nicht – du hast immer dieselben Personalkosten! Die machen es doch aus.“

Rosenstatter: „Wenn du bei den vegetarischen Gerichten gut und kreativ bist, dann sprechen die Leute darauf an. Dann brauchst Du weniger Fleisch. Und so kommst Du beim Einkauf preislich herunter.“

Kolarik: „Es gibt auch schon viele Bio-Convenience-Produkte. Wenn du also kein höheres Preisniveau durchsetzen magst, kannst du dir so behelfen. Wenn du vegetarisch wirst, wird es im Einkauf sogar billiger, beim Fleisch natürlich teurer. Wenn du dir als Gastronom einmal angesehen hast, wie die Tiere gehalten werden, deren Fleisch du bei koventioneller Verarbeitung verwendest, dann brauchst du einen Psychiater. Dann wird’s richtig teuer.“

MitarbeiterInnen

Kolarik: „Die älteren MitarbeiterInnen kannten das ja schon von mir, dass mir das wichtig ist. Das war für sie keine Umstellung. Die anderen sind mitgezogen worden. Wir haben zum Beispiel schon immer geschaut, dass wir wenig Speisereste haben. Für die Neuen war das spannend. Die haben gesagt: Wow, so geht das auch. Da will ich arbeiten.“

Rosenstatter: „Es waren eher die Gäste skeptisch, nicht die Mitarbeiter. Wir hatten einen Stammgast aus Stuttgart, der die Nase gerümpft hat, als wir umgestellt hatten. Aber nur bis er das erste Mal einen Bio-Schweinsbraten bekommen hat. Da hat er gemerkt, dass der viel besser schmeckt. Das war eine Bekehrung.“

Beschaffung

Kolarik: „Dieser ganze Mythos von wegen ‚das geht nicht‘ kommt ja nur daher, dass niemand richtig fragt. Wir haben im Einkauf auch lange falsch gefragt, zum Beispiel: Haben Sie dies und jenes in dieser Menge in Bio? Dann kam die Antwort: nein, haben wir nicht. Und es war Ende der Diskussion. Heute machen wir das anders. Wir sagen, wir hätten dies und jenes gerne in dieser Menge in bio. Ab wann wird das möglich sein? Wir kaufen es. Und da geht das dann plötzlich. Es ist doch wie bei einem schönen Kleidungsstück. Wenn ich zum Schneider gehe und frage, ob er das in meiner Größe hat, ist die Antwort meistens nein. Aber er kann es mir machen. Dafür ist er ja Schneider. Man muss einfach sagen, was man will, und dass man es kaufen wird.“

Sila: „Wir sind schon lange dran, eine grüne Brauerei zu sein. Wir sind gut beim CO2-Ausstoß und anderen Maßnahmen. Aber es war so wichtig für uns, endlich ein Produkt zu haben, wo unsere Einstellung sichtbar wird.“

Rosenstatter: „Vor 20 Jahren war die Beschaffung schwierig. Heute ist es ein Kinderspiel.“

Kolarik: „Unsere Ware kommt von den Bauern direkt, aber großteils vom Großhandel. Wir brauchen in unserer Größe einen Vollsortimenter.“

Menschlichkeit

Rosenstatter: „Letztlich geht es um Menschlichkeit. Der Mensch muss im Mittelpunkt der Gastronomie stehen. Wir als GastgeberInnen essen immer dasselbe wie unsere Gäste – nämlich das Hochwertigste, was wir gerade verfügbar haben.

Und hier kannst Du den gesamten Talk ansehen.